Logbuch Eintrag 17. September 2010, 15.26 Uhr
am Friday, 17. September 2010, 21:13
17 Tage ist es her, genau am 1. September, als die MS Wilson auf ein Riff aufgelaufen ist und auf den Meeresboden sank. Ich wusste von Anfang an, dass ich der Kapitänin nicht hätte über den Weg trauen dürfen. Frauen an Bord haben noch nie Glück gebracht, hieß es unter den Seemännern. Ich hätte auf sie hören sollen. Und dann noch als Kapitänin. Das habe ich nun davon, dass ich mein Hab und Gut auf das falsche Pferd setzen musste. Anstatt sicher im Zielhafen anzukommen, bin ich auf einer fremden Insel gestrandet; schiffbrüchig ohne Aussicht mein Besitz wieder zu sehen. Unmittelbar vor dem großen Unwetter, welches das Schiff mit dem ich reiste in Fetzen gerissen hat, machte sich die Kapitänin mit einem der Beiboote aus dem Staub. Mit einem Beiboot und nicht zu vergessen mit meinen persönlichen Besitztümern. Mittlerweile ist es mir sonnenklar, dass sie es von Beginn der Reise an auf meine Sachen abgesehen hatte. Ein solch brüchiges Schiff in die Mitte des tobenden Sturms zu führen und dem unausweichlichen Schicksal mit vermessener Gelassen entgegen zu blicken. So etwas kann nur jemand, der weiß, dass es nicht sein eigenes Schicksal sein wird, sondern dasjenige von einem armen Passagier, der etwas zu viel Vertrauen in die Wahrhaftigkeit seiner Mitmenschen gesetzt hat. Was für eine ungünstige Fügung, dass ich nun dieser unglückliche Passagier sein musste.
Allein und verloren bin ich an die unbekannte Küste gespült worden, ohne Koordinaten oder Kompass aber vor allem ohne Aussicht auf Hilfe aus der Heimat. Ich hätte die Hilfe wohl auch nicht annehmen können, bin ich doch ausgezogen um auf meinen eigenen Beinen zu stehen. Ein neues Leben in einer neuen Welt, dass ist es was ich erhoffte und nun auch auf die ein oder andere weise gefunden habe. Schon eigenartig wie einem die Vorsehung immer wieder an der Nase herumführt und seine eigenen Träume und Hoffnungen gegen einen ausspielt. Man wagt einen Neuanfang, möchte fern von der Heimat spannende und eigentümliche Erfahrungen sammeln, Geschichten erleben, welche es wert sind erzählt zu werden. Und zu nichts anderem hat mich die Kapitänin geführt. Denn welcher Neuanfang ist es mehr wert erzählt zu werden, als der eines Schiffbruchs, der einen von Beginn an in die Tiefe reißt, mit eisigem Wasser umspült und an die Grenzen der eigenen Nerven führt, sodass man keine Zeit hat seine Entscheidungen zu hinterfragen und keinen Moment verbringt ohne an den erlebten Ereignissen zu zweifeln.
Nach den ersten Augenblicken der Erschütterung über den Untergang folgte die unerbittliche Erkenntnis, dass der Zwischenfall nicht der Willkür der Natur verschuldet war. Es handelte sich nicht um einen unvermeidlichen Unfall, für welchen aller höchstens noch Gott verantwortlich gemacht werden könnte, sondern um einen von langer Hand inszenierter Sabotageakt, mit einem unmittelbaren Schuldigen, auch wenn dieser selbstverständlich nicht mehr aufzufinden ist. Oder muss man sich vielleicht auch selbst auf die Liste der Schuldigen setzen, da man sich auf ein solch gewagtes Spiel überhaupt eingelassen hat? Zu hoch gepokert, um mit gezinkten Karten mitzuhalten; zu selbstsicher auf sein eigenes Blatt gesetzt, ohne das des Gegenspielers erahnen zu können. Doch was ist das Abenteuer einer Reise ohne das Risiko des Misserfolges? Was ist der Triumph ohne die Möglichkeit des Versagens? Am Ende ist es nur Geld, bloße Papierscheine. Sicher wichtig, doch nicht bedeutend genug, um als Maßstab für Erfolg und Versagen zu gelten. Schlussendlich hab ich es ja geschafft, in ein fremdes Land zu kommen, eine neue Welt zu betreten, auch wenn die Umstände nicht meinen Vorstellungen entsprechen mögen.
Auf den Schiffbruch folgten Tage der Anstrengung. Ich stellte die letzten Reste der Bordladung sicher und fand ein provisorischen Unterstand unweit von der Position, an welcher das Schiff zu Grunde ging. Von diesem Unterschlupf aus beschloss ich als erstes die Insel nach natürlichen Ressourcen zu erkunden, sowie das Gelände nach einem geeigneten Standort für ein Basislager zu erforschen. Doch sollte ich mehr finden als ich erwartet habe. Dank meinen unermüdlichen Anstrengungen ist es mir gelungen den Reiseproviant sicher zu stellen, von welchem ich mich in den folgenden Wochen ernähren konnte. Mittlerweile erschöpfen sich meine Reserven allerdings und es ist an der Zeit ihn in strengere Rationen einzuteilen. Vor allem der heimatliche Tabakbestand schwindet schneller als ich vor Antritt der Schiffsreise erwartete. Ein Grund hierfür ist sicherlich die Notwendigkeit einer verdienten, kurzweiligen Entspannung, welche, nach einem erschöpfenden Tageswerk im Entzünden einer Tabakpfeile zu finden ist. Doch gibt es noch eine zweite, wesentlich entscheidendere Ursache für den verstärkten Verbrauch der Tabakreserven. Der Genuss von Tabakwaren bildet das ideale Handelsgut mit den Eingeboren der Insel.
Eine Süßwasserquelle, ein paar Früchte und eine vom Regen geschützte Höhle, erwartete ich bei meiner ersten Expedition in das Innere der Insel zu finden. Doch die Entdeckung, welche ich machte, war eine vollkommen andere. Nach unzähligen Stunden wirrer Bestrebungen verwertbare Bodenschätze ans Tageslicht zu bringen und der endlos wirkenden, verirrten Begehung natürlicher Pfade stieß ich auf einen Stamm von Eingeborenen, welche mir zurückhaltend, doch friedlich entgegen traten. Was ich im ersten Augenblick für natürliche Wege im Dickicht der Insel hielt, war in Wirklichkeit ein ausgeklügeltes Netz zwischen den einzelnen Siedlungen der Ureinwohnern, welche anscheinend schon seid Anbeginn unserer Zeitrechnung auf dieser Insel ein einfaches und zurückgezogenes Leben führen.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten in der Kommunikation und einigen kulturellen Missverständnissen verdiente ich mir mit Hilfe einiger Säckchen Tabak ihr Vertrauen. Bald wurde mir von Ihnen erklärt welche Stämme man besser meiden sollte, aus welchen Quellen man am besten trinken könne und wie es einem gelingt in einer Siedlung akzeptiert zu werden. So höflich und gastfreundlich diese Wilden auch sein mochten, so anspruchsvoll waren sie was die dauerhafte Aufnahme in ihrer Siedlung anging. Da meine Habseligkeiten im provisorischen Unterstand nicht vor einer hohen Flut gefeit waren, hatte ich jedoch keine andere Wahl als ihre Bedingungen zu akzeptieren und den Großteil des Wenigen, was mir noch geblieben ist dem Stamm zu überlassen. Doch hatte ich so wenigstens ein Ort in dem ich mein neues Heim errichten konnte und ebenso unterstützten mich die Dorfbewohner mit Rat und Tat in der Erbauung meines Hauses, sodass ich sie seid dem liebevoll den St. Thomas Stamm nenne, nach dem Schutzpatron der Bau und Zimmerleute.
In den folgenden Tagen wurde mir sogar von einigen weiteren Schiffbrüchigen berichtet, welche sich bei den unterschiedlichsten Stämmen aufhalten und sich auf die verschiedensten Arten versuchen ein neues Leben auf der Insel aufzubauen. Einige von ihnen sind auf dem besten Weg sich in die Gemeinschaft der Ureinwohner zu integrieren, wohingegen andere nichts unversucht lassen wieder zurück in die Heimat zu gelangen. Ich gebe allerdings nicht all zu viel auf die Gesellschaft der anderen Gestrandeten. Die Erinnerung an das zurückgelassene, verdirbt die Freude der Neuentdeckungen viel zu oft. Außerdem haben mich die Eingeborenen recht gut aufgenommen und so verbringe ich die Zeit lieber damit mein Verhältnis zu ihnen zu kräftigen. Ebenso musste ich bis jetzt noch einige Arbeiten an meinem Haus beenden und die nötigsten Dinge der mir doch so ans Herz gewachsenen Zivilisation meines Heimatlandes rekonstruieren.
Es ergab sich sogar bereits eine kurze Gelegenheit über die verdorbene Person zu sprechen, welche mich dem erbarmungslosen Sturm aussetzte. Doch leider scheinen die Eingeborenen nichts über die Kapitänin zu wissen und meine einzige Möglichkeit sie zu finden, wäre es selbst nach ihr zu Suchen. Dies wäre allerdings eine finanziell ebenso aufwendige Suche wie sie es zeitlich wäre, wobei die Chance auf Erfolg äußerst gering wären. Nichtsdestotrotz werde ich nichts unversucht lassen, die Kapitänin für ihre Missetaten an den Pranger zu führen und weiter meine Augen nach Hinweisen über ihren Aufenthaltsort offen halten.
Was die zukünftigen Wochen bringen werden, ist noch ungewiss. Nur eines lässt sich bereits jetzt sagen: Eine gute Geschichte halten sicherlich auch sie für mich bereit.
Allein und verloren bin ich an die unbekannte Küste gespült worden, ohne Koordinaten oder Kompass aber vor allem ohne Aussicht auf Hilfe aus der Heimat. Ich hätte die Hilfe wohl auch nicht annehmen können, bin ich doch ausgezogen um auf meinen eigenen Beinen zu stehen. Ein neues Leben in einer neuen Welt, dass ist es was ich erhoffte und nun auch auf die ein oder andere weise gefunden habe. Schon eigenartig wie einem die Vorsehung immer wieder an der Nase herumführt und seine eigenen Träume und Hoffnungen gegen einen ausspielt. Man wagt einen Neuanfang, möchte fern von der Heimat spannende und eigentümliche Erfahrungen sammeln, Geschichten erleben, welche es wert sind erzählt zu werden. Und zu nichts anderem hat mich die Kapitänin geführt. Denn welcher Neuanfang ist es mehr wert erzählt zu werden, als der eines Schiffbruchs, der einen von Beginn an in die Tiefe reißt, mit eisigem Wasser umspült und an die Grenzen der eigenen Nerven führt, sodass man keine Zeit hat seine Entscheidungen zu hinterfragen und keinen Moment verbringt ohne an den erlebten Ereignissen zu zweifeln.
Nach den ersten Augenblicken der Erschütterung über den Untergang folgte die unerbittliche Erkenntnis, dass der Zwischenfall nicht der Willkür der Natur verschuldet war. Es handelte sich nicht um einen unvermeidlichen Unfall, für welchen aller höchstens noch Gott verantwortlich gemacht werden könnte, sondern um einen von langer Hand inszenierter Sabotageakt, mit einem unmittelbaren Schuldigen, auch wenn dieser selbstverständlich nicht mehr aufzufinden ist. Oder muss man sich vielleicht auch selbst auf die Liste der Schuldigen setzen, da man sich auf ein solch gewagtes Spiel überhaupt eingelassen hat? Zu hoch gepokert, um mit gezinkten Karten mitzuhalten; zu selbstsicher auf sein eigenes Blatt gesetzt, ohne das des Gegenspielers erahnen zu können. Doch was ist das Abenteuer einer Reise ohne das Risiko des Misserfolges? Was ist der Triumph ohne die Möglichkeit des Versagens? Am Ende ist es nur Geld, bloße Papierscheine. Sicher wichtig, doch nicht bedeutend genug, um als Maßstab für Erfolg und Versagen zu gelten. Schlussendlich hab ich es ja geschafft, in ein fremdes Land zu kommen, eine neue Welt zu betreten, auch wenn die Umstände nicht meinen Vorstellungen entsprechen mögen.
Auf den Schiffbruch folgten Tage der Anstrengung. Ich stellte die letzten Reste der Bordladung sicher und fand ein provisorischen Unterstand unweit von der Position, an welcher das Schiff zu Grunde ging. Von diesem Unterschlupf aus beschloss ich als erstes die Insel nach natürlichen Ressourcen zu erkunden, sowie das Gelände nach einem geeigneten Standort für ein Basislager zu erforschen. Doch sollte ich mehr finden als ich erwartet habe. Dank meinen unermüdlichen Anstrengungen ist es mir gelungen den Reiseproviant sicher zu stellen, von welchem ich mich in den folgenden Wochen ernähren konnte. Mittlerweile erschöpfen sich meine Reserven allerdings und es ist an der Zeit ihn in strengere Rationen einzuteilen. Vor allem der heimatliche Tabakbestand schwindet schneller als ich vor Antritt der Schiffsreise erwartete. Ein Grund hierfür ist sicherlich die Notwendigkeit einer verdienten, kurzweiligen Entspannung, welche, nach einem erschöpfenden Tageswerk im Entzünden einer Tabakpfeile zu finden ist. Doch gibt es noch eine zweite, wesentlich entscheidendere Ursache für den verstärkten Verbrauch der Tabakreserven. Der Genuss von Tabakwaren bildet das ideale Handelsgut mit den Eingeboren der Insel.
Eine Süßwasserquelle, ein paar Früchte und eine vom Regen geschützte Höhle, erwartete ich bei meiner ersten Expedition in das Innere der Insel zu finden. Doch die Entdeckung, welche ich machte, war eine vollkommen andere. Nach unzähligen Stunden wirrer Bestrebungen verwertbare Bodenschätze ans Tageslicht zu bringen und der endlos wirkenden, verirrten Begehung natürlicher Pfade stieß ich auf einen Stamm von Eingeborenen, welche mir zurückhaltend, doch friedlich entgegen traten. Was ich im ersten Augenblick für natürliche Wege im Dickicht der Insel hielt, war in Wirklichkeit ein ausgeklügeltes Netz zwischen den einzelnen Siedlungen der Ureinwohnern, welche anscheinend schon seid Anbeginn unserer Zeitrechnung auf dieser Insel ein einfaches und zurückgezogenes Leben führen.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten in der Kommunikation und einigen kulturellen Missverständnissen verdiente ich mir mit Hilfe einiger Säckchen Tabak ihr Vertrauen. Bald wurde mir von Ihnen erklärt welche Stämme man besser meiden sollte, aus welchen Quellen man am besten trinken könne und wie es einem gelingt in einer Siedlung akzeptiert zu werden. So höflich und gastfreundlich diese Wilden auch sein mochten, so anspruchsvoll waren sie was die dauerhafte Aufnahme in ihrer Siedlung anging. Da meine Habseligkeiten im provisorischen Unterstand nicht vor einer hohen Flut gefeit waren, hatte ich jedoch keine andere Wahl als ihre Bedingungen zu akzeptieren und den Großteil des Wenigen, was mir noch geblieben ist dem Stamm zu überlassen. Doch hatte ich so wenigstens ein Ort in dem ich mein neues Heim errichten konnte und ebenso unterstützten mich die Dorfbewohner mit Rat und Tat in der Erbauung meines Hauses, sodass ich sie seid dem liebevoll den St. Thomas Stamm nenne, nach dem Schutzpatron der Bau und Zimmerleute.
In den folgenden Tagen wurde mir sogar von einigen weiteren Schiffbrüchigen berichtet, welche sich bei den unterschiedlichsten Stämmen aufhalten und sich auf die verschiedensten Arten versuchen ein neues Leben auf der Insel aufzubauen. Einige von ihnen sind auf dem besten Weg sich in die Gemeinschaft der Ureinwohner zu integrieren, wohingegen andere nichts unversucht lassen wieder zurück in die Heimat zu gelangen. Ich gebe allerdings nicht all zu viel auf die Gesellschaft der anderen Gestrandeten. Die Erinnerung an das zurückgelassene, verdirbt die Freude der Neuentdeckungen viel zu oft. Außerdem haben mich die Eingeborenen recht gut aufgenommen und so verbringe ich die Zeit lieber damit mein Verhältnis zu ihnen zu kräftigen. Ebenso musste ich bis jetzt noch einige Arbeiten an meinem Haus beenden und die nötigsten Dinge der mir doch so ans Herz gewachsenen Zivilisation meines Heimatlandes rekonstruieren.
Es ergab sich sogar bereits eine kurze Gelegenheit über die verdorbene Person zu sprechen, welche mich dem erbarmungslosen Sturm aussetzte. Doch leider scheinen die Eingeborenen nichts über die Kapitänin zu wissen und meine einzige Möglichkeit sie zu finden, wäre es selbst nach ihr zu Suchen. Dies wäre allerdings eine finanziell ebenso aufwendige Suche wie sie es zeitlich wäre, wobei die Chance auf Erfolg äußerst gering wären. Nichtsdestotrotz werde ich nichts unversucht lassen, die Kapitänin für ihre Missetaten an den Pranger zu führen und weiter meine Augen nach Hinweisen über ihren Aufenthaltsort offen halten.
Was die zukünftigen Wochen bringen werden, ist noch ungewiss. Nur eines lässt sich bereits jetzt sagen: Eine gute Geschichte halten sicherlich auch sie für mich bereit.